Studio HS 17: Neighbors—Idylle und Ideologie VI
— Das Haus der Anderen.
Nachbarschaft ist eine mysteriöse Sache. Der Nachbar ist fremd aber auch ein Zeichen der eigenen Verfasstheit. Er vermittelt eine Ahnung vom Aussen, vom Ort. Er ist der Ort. Und an diesem ist der Nachbar Anfang und Ende jeder Gemeinschaft oder Gesellschaft.
Mein Nachbar hat mich zum Nachbarn. Nachbarschaft ist Beziehung ohne Rangordnung — eine unmittelbare Konversation von hoher Intensität, die nur durch vereinbarte Abgrenzung erträglich ist. Wand, Land und Hecke sind beliebte Instrumente. Die Grenze zwischen zwei Nachbarn ist dauerhaft, weil sie von zwei Seiten bewacht wird.
Ohne Nachbarn gäbe es kein Territorium. Nachbarschaft ist Nähe ohne strukturelle Verbindung. Dabei ist die Distanz relativ. Je nach Ort und eigener Grösse heisst „nebenan“ drei Zentimeter oder drei Kilometer.
Die Architektur hat immer versucht, zwischen Nachbarn zu vermitteln und dem Über- und Nebeneinander Struktur zu geben. Was, wenn wir dies einmal nicht tun? Aufregend wird es doch, wenn aus dem Nebeneinander nicht gleich ein Miteinander wird, sondern kurz davor diese einvernehmliche Stille zwischen zwei stoischen Genossen herrscht. Diese Stille strahlt. Und kommuniziert die Präsenz der beiden Teile bis weit über die Nachbargrenze hinaus zum Horizont.
Dieses Semester entwerfen wir das Haus der Anderen. Es heisst, Nachbarn kann man sich nicht aussuchen. Hier schon. Aus einer Reihe berühmter und weniger berühmter Objekte suchen wir uns unsere Nachbarn und bauen daneben. Wir entwerfen ein Paar. Das Programm bestimmt der Nachbar.
Semesterbegleitende erste Wochenaufgabe
Um sich dem fundamentalen Thema der Nachbarschaft zu näheren, starten wir das Semester in unserem neuen Institutsgebäude. Es handelt sich um ein sehr kleines, etwas baufälliges Haus neben sehr viel anderen, kleinen Häusern in direkter Nachbarschaft zur ETH am Käferberg. Nummer 158. Im ersten Schritt der Aneignung werden wir bestimmte Teile auswechseln und Sonderbauteile für dieses Gartenhaus entwerfen, um sie dann im weiteren Verlauf des Semesters zu produzieren und einzubauen. Die seltsame Figur des Hauses kommt nicht aus seiner Form, sondern rührt vom Nebeneinander seiner schwer vermittelbaren Elemente. Der Dachziegel ist eigentlich zu gross für das Dach und die Hauswand zu klein für die Tür. Diese elementbezogene Arbeit findet in Zusammenarbeit mit Prof. Benjamin Dillenburger und seinem Steindrucker statt. Studierende des Semesters werden Mitglieder vom Institut 158, inkl. Nutzung des Hauses.