Studio HS 16: Haushalt—Idylle und Ideologie IV
Der Entwurf eines Wohnhauses. In Zürich.
Haus Halt
Ein Haushalt ist gleich mehrere Dinge auf einmal. In seiner abstrakten Form ist er eine Wirtschaftseinheit. Da diese aber von Menschen gebildet wird, bildet ein Haushalt auch eine soziale Einheit, und in seiner privaten Form artikuliert sich der Haushalt in physischer, umbauter Form – in der Wohnung.
Die Gemeinschaft der Menschen produziert eine Gemeinschaft der Dinge. Der Haushalt unterscheidet nicht zwischen Subjekt und Objekt, er ist etwas zwischen Familie und Haus. Beide resultieren voneinander, bedingen einander und halten sich bis zu einem gewissen Grad zusammen. Haushaltswaren werden zu Haushaltshilfen. Liebe, Gesetz und Besitz bilden das soziale und politische Bindemittel für die Architektur des Wohnens.
Neben der physischen und sozialen Definition des Haushalts interessiert uns, wie diese vermeintlich autonomen Einheiten in Beziehung zueinander und zur Stadt stehen. Dies benötigt einen guten Haushalter: ein zusammengesetztes Element, welches das Haus in der Stadt hält, die physische mit der sozialen Welt verbindet, das Äussere mit dem Innern und die Figur mit dem Grund. Jedes gute Haus hat einen solchen Halter. Er handelt von konkreten architektonischen Elementen, dem Ausdruck und der räumlichen Organisation im Innern und Aussen.
Häuser ohne Halt—Arts and Crafts
Wir beginnen das Studio mit der Analyse und dem Entwurf eines Haushalters. Das architektonische Material dafür finden wir in gebauten Referenzen, deren überreizter Ausdruck und räumlich-strukturelle Vielschichtigkeit eine simple Aussage zum haushaltenden Prinzip nicht ohne Weiteres zulässt. Es handelt sich um die Architektur der Jahrhundertwende, die wir gemeinhin mit dem Arts and Crafts verbinden. Diese Häuser scheinen sich gegen klare, formale Ordnung und haushalterische Reduktion zu wehren, favorisieren im Gegenteil Komposition, das Malerische und den exzentrischen Charakter. Unter ihnen finden sich aufregende Gebäude von Edwin Lutyens, Charles Voysey, Henry H Richardson, Frank Furness, Charles R Mackintosh und Philip Webb. Jeder Studierende wählt eines dieser Landhäuser, destilliert daraus architektonische Prinzipien bzw. Elemente und synthetisiert diese zu einem Haushalter, welcher zusammen mit dem Lesen des städtischen Kontexts des Bauplatzes die Grundlage für den Entwurf eines Wohnhauses in Zürich bildet.
Zwischengrosse Häuser
Der Entwurf macht Städtebau mit einem Haus. Er erlaubt den Umbau bestehender Räume, Strukturen und Gebäude, d.h. ein Weiterbauen der Stadt, ohne den Versuch, unserer Stadt eine neue gegenüberstellen zu wollen. Die Stadt wird mit Häusern gebaut, nicht mit Arealen. Das dafür wesentliche halbgrosse Wohnhaus beginnt in Zürich mit dem Typus des Zweifamilien- oder Doppelhaus. Die obere Grenze dieser Zwischengrösse hängt vom städtischen Kontext ab und inwieweit das Haus noch als architektonisches Ganzes wahrgenommen werden kann. Darin ähnelt das zwischengrosse Haus dem Typus der Villa oder des Palazzo: eine erkennbare architektonische Figur und Einheit, welche sich aus mehreren, unterschiedlichen Teilen (Haushalten) zusammensetzt. Formale Aspekte wie Hierarchie und Rahmung spielen eine grosse Rolle, um diese Heterogenität in einer architektonischen Figur zu fassen.
Einführung: Dienstag 10.00 Uhr, 20.9.2016
Pavillon HIQ C1, ETH Hönggerberg
Projektausarbeitung findet in Zweierteams statt
+ Integrierte Disziplin Planung (P)