Symposium, ZAHW: Städtebau, Stadtentwicklung, Raumplanung – Braucht es überhaupt noch uns Architekten und Architektinnen?
Tagung, ZHAW, IUL
Organisation: Andri Gerber, Stefan Kurath, Zürich
Die Architektur als Disziplin nimmt seit jeher an der Gestaltung der Stadt teil. Trotzdem muss sie diese Teilnahme wie auch den Anspruch auf eine leitende Rolle gegenüber von Ingenieuren, Geografen, Soziologen etc. immer wieder rechtfertigen. Im Rahmen der Tagung soll der Beitrag und die Rolle des Architekten im zeitgenössischen Städtebau besprochen sowie Strategien präsentiert werden, mit denen Architekten ihre Notwendigkeit in diesen Prozessen beanspruchen. Die Geburt der Disziplin Städtebau verdanken wir dem Ingenieur lldefonso Cerdà, der 1867 für einen wissenschaftlichen Städtebau plädierte. Die architektonische Antwort mit Betonung des künstlerischen Aspekts des Städtebaus folgte 1889 mit Camillo Sitte. Er verlieh jenen Architekten eine Stimme, die nach dem spezifischen Beitrag der Architektur bei der Stadtentwicklung suchten. Indem sie ihre architektonischen Argumente schärften, versuchten sie sich von der Konkurrenz der Ingenieure und der Unternehmer abzuheben. Über Berufsverbände, Tagungen, Publikationen und die Gründung der ersten Ausbildungsstätten verfolgten sie das Ziel, ihre Inhalte zu verbreiten. Ästhetik, Raum und die Metapher der Stadt als Haus bildeten dabei den Ausgangspunkt ihrer Argumentation. Die verschiedene Begriffe die in dieser Zeit und später entstanden sind – Urbanisme, Städtebau, Planologie, Town planning, Urban design – zeugen von einem äusserst heterogenen Entstehungskontext in unterschiedlichen Ländern, beeinflusst von unterschiedlichen Disziplinen. Nach dem zweiten Weltkrieg beginnt die für die Architekten erfolgreichste Zeit im Städtebau, nicht zuletzt weil der Staat als Obrigkeit über den Städtebau und die Raumplanung im Architekten eine willkommene Identitätsfigur für die Modernisierung gefunden hat. Mit dem Architekten der sich zu dieser Zeit gerne als Modernisten darstellt, lassen sich politische Programme wie die Trennung von Arbeit, Wohnen und Freizeit zur Lösung der Zuwanderung in die Städte wie auch Probleme von Gesundheit und Hygiene scheinbar gut umsetzen.
Mit zunehmendem Wohlstand und zunehmender Mobilität in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und der damit einhergehenden Ausdehnung der Städte in die Landschaft beginnt sich die Siedlungsund Raumplanung als eigenständige Disziplin von der Architektur und vom Städtebau zu emanzipieren. Nachdem die Architekten zumindest anfänglich die Raumplanungbestrebungen mitgeprägt haben, übernehmen mit zunehmender gesellschaftlicher Entwicklungsdynamik bei gleichzeitig abnehmender Wirkungskraft planerischer Instrumente seit den 1960er Jahren die Soziologen und Geografen die Moderation der Raumentwicklung. Die Architekten die insbesondere in der Zeit der Postmoderne ein ausgeprägt architektonisches Verständnis der Stadt entwickelt haben, wurden zusehends zur Seite gedrängt. Die Architektur manifestierte sich in der Stadt nunmehr im Rahmen von Einzelobjekten, Fassadengestaltungen und einem belanglosen Sammelsurium von Stilen. Ende der 2000er Jahre hatte die Architektur bezüglich ihrer Relevanz im Städtebau einen eigentlichen Tiefpunkt erreicht. In letzter Zeit scheint jedoch wieder ein Umdenken statt zu finden. Auf der einen Seite wird mit dem Nachhaltigkeitsdiskurs der 2000er Jahre vermehrt wieder die strukturellen und funktional räumlichen Zusammenhänge, die öffentlichen, identitätsstiftenden Räume und Massnahmen, wie auch Transformation und Innere Verdichtung zum Thema. Auf der anderen Seite beschäftigen sich immer mehr Architekten mit städtebaulichen Forschungsarbeiten über Schwellenländern die selten in Projekte resultieren und besetzen somit ein neues Betätigungsfeld. Dies zeigt sich unter anderem in der messbar wachsenden Anzahl von Lehrstühlen an Architekturschulen, wie auch daran, dass sich zunehmend wieder Architekten bei Fragen der Stadtentwicklung und Städtebau zu Wort melden – bis hin zum inflationären Gebrauchs des Begriffes Städtebau. Heute scheint wieder alles Städtebau zu sein. Dies verweist vorallem darauf, dass die heutigen räumlichen Probleme also solche (wieder) erkannt worden sind und ein Grossteil der Fachleute davon überzeugt ist, dass diese im grossen, das heisst städtebaulichen Massstab zu beheben sind. Dies bedingt jedoch nicht nur eine Vergrösserung des Perimeters, sondern auch eine Mitberücksichtigung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, um die Realisierungschancen des Städtebaus auch zu verbessern. (Text: Andri Gerber, Stefan Kurath)
Alex spricht hier über Regeln als wichtiger Bestandteil des Städtebaus.
Samstag 10. Mai 2014